Was gibt es für wissenschaftliche Erkenntnisse zur personalisierten Ernährung?

Daß nicht jeder bei vergleichbarem Lebensstil (Ernährung und Bewegung) langfristig sein Körpergewicht stabil halten kann und optimal leistungsfähig ist, sondern vielmehr auch infolge unseres "westlichen" Lebensstils Übergewicht (BMI unter 30), Adipositas (BMI ab 30) und vorzeitig chronische Krankheiten auftreten, läßt vermuten, daß genetische Unterschiede dabei eine erhebliche Rolle spielen.

Das konnte bei vergleichenden Untersuchungen mit eineiigen Zwillingen und genetisch unterschiedlichen Menschen auch so bestätigt werden und das erklärt, warum die üblichen "Abmagerungskuren" oft nicht so funktionieren, wie das gewünscht wird.

Eine Studie der Stanford-Universität (Gardner, JAMA 2007; 297: 969-977) konnte eine klare Wechselbeziehung zwischen dem Genmuster und der Ernährung zeigen und das spricht für die Bedeutung der Gene bei einem langfristig erfolgreichen Management des Gewichts.

Besonders interessant sind Genvarianten (Polymorphismen) in folgenden Genen, die alle nachweislich einen Einfluss auf verschiedene, das Körpergewicht beeinflussende Stoffwechselwege haben und deshalb mit einem erhöhten Risiko für Übergewicht und Adipositas in Verbindung gebracht werden können:

  • Fettsäure bindendes Protein 2 (FABP2): Beteiligung an der Fettaufnahme im Dünndarm
  • Peroxisom-Proliferator-aktivierter Rezeptor Gamma (PPARG): Transkriptionsfaktor des genetischen Codes (=Ablesen der Geninformation), zur Differenzierung von Fettzellen und zur Ausprägung fettzellspezifischer Proteine
  • Genprodukt des Beta-2-Adrenozeptors (ADRB2) =ADRB2-Protein: Bestandteil von Fettzellen, beeinflusst die hormongesteuerte Mobilisierung von Fett zur Energiegewinnung
  • Beta-3-Adrenozeptor (ADRB3): Beteiligung an der Lipolyse (Fettspaltung zur Energiegewinnung), die bei der Gewichtsreduktion und dem Halten des Gewichts eine wichtige Rolle spielt.
  • Apolipoprotein A5 (ApoA5): Beteiligung am Fettstoffwechsel besonders der Triglyceride und bei deren der Aufnahme und Speicherun in Fettzellen
  • fat mass and obesity associated gene (FTO): Einfluß auf die Entwicklung weißer Fettzellen, die Fett speichern aber nicht wie braune bzw. beige Fettzellen verbrennen

Zum Beispiel haben Träger einer bestimmten Variante des ADRB3 (Arg64Trp) ein erhöhtes Übergewichts- und Adipositasrisiko bei einem sehr bewegungsarmen Lebensstil. In vielen Studien mit diversen Populationen konnte eine statistisch signifikante Verbindung zwischen dem Körpergewicht und der Variante Arg64Trp nachgewiesen werden. Bei einer häufigen Mutation im FTO-Gen werden Vorläuferzellen von Fettzellen veranlaßt, zu weißen Fettzellen zu werden und Energie zu speichern und nicht zu verbrennen.

Gewichtsprobleme oder ernährungsbedingte Probleme beruhen aber nicht auf einer einzelnen Mutation oder Genvariante. Vielmehr ist eine Kombination mehrerer, sich ergänzender Varianten notwendig und entscheidend für die Manifestation ist der ungünstige, ungesunde Lebensstil. Ein günstiger, gesunder Lebensstil in Verbindung mit einer zum Gentyp passenden, ausgewogenen Ernährung kann dagegen die negativen genetischen Anlagen weitestgehend ausgleichen.

Bei Auswertung von sieben Genen und ihren Varianten (Genpolymorphismen) lassen sich 5 Ernährungstypen (kohlenhyratreich-fettarm bis kohlenhydratarm-fettreich) und 3 Bewegungstypen (aktiv, ausgewogen, entspannt) kategorisieren und in der Kombination ergeben sich 15 Ernährungs- und Bewegungstypen.

Nach heutigen Maßstäben gibt es keine Möglichkeit, die Ernährung individueller zu gestalten und eben nicht pauschal "low fat" oder "low carb". Mit dieser Personalisierung und in Kenntnis des Ernährungstyps wird auch so mancher sonst gerne empfohlene Verzicht völlig unnötig. Was hilft zum Beispiel der Verzicht auf die abendliche Pasta, wenn die Ernährung kohlenhydratreich sein soll oder der Verzicht auf Butter auf der Breze, wenn die Fettmenge eine untergeordnete Rolle spielt, aber zu viele Kohlenhydrate das Problem sind? Essen darf und soll schmecken! Es muß halt das Richtige sein!

Die Kenntnis der genetischen Ausstattung ist eine wichtige Information, aber wie läßt sich das im Alltag anwenden?
Sinnvoll wäre es, die bisherige Ernährung unter Berücksichtigung des Gentests zunächst zu analysieren und dann die Ernährung so zu ändern, daß sie möglichst gut zum Gentyp paßt. Wie das praktisch funktioniert, erfahren Sie hier.